Die letzte Woche war ein wenig unspektakulär.
Könnte nicht mal sagen, ob ich zwischen den Events "Weihnachtsmarkt Mannheim 2017" und "Weihnachtsmarkt Mainz 2017" hochhackig unterwegs war. Wahrscheinlich schon. Aber nicht der Rede wert.
Das Wetter war auch grausig. Doch! Die flachen "Damenschuhe" hatte ich ein-zwei Mal an und auch noch einmal die "Baller-Botten".
Und nachdem ich am letzten Samstag ja ausführlich stöckeln durfte/ konnte/ musste, hatte ich mir Sonntag und Montag Schonzeit auferlegt.

Doch heute stand ein Zahnarzttermin an und ich hatte mir den Rest des Tages frei genommen (halber Tag Urlaub) und dachte mir: auch das muss ich mal erleben und durchziehen!
Also halb zwölf zur Bushaltestelle geklappert, den Bus genommen (mit einem sensationellen, redefreudigen und lieben Busfahrer, der an jeder Haltestelle sehr interessante Durchsagen machte...)

und dann von der Zielhaltestelle zum Zahnarzt gelaufen.
Rein, mich gemeldet, erst einmal im Wartebereich Platz genommen... Ein wenig nerövs war ich ja schon. Ob nun wegen der Wurzelbehandlung oder wegen der Schuhe... vielleicht beides?
Ich wurde aufgerufen, legte meine Tasche ab, nahm Platz und ließ mir die Serviette umlegen.
Hinter mir wuselte die Sprechstundenhilfe her und richtete die Utensilien, die sie nun auf dem Tablett oberhalb meiner Schuhe ablegte.
Es kam auch eine zweite Kollegin kurz herein. Die Unterhaltung war eher rudimentär - vielleicht auch nur mit Zeichensprache?
Der Arzt erschien - junger Typ, vielleicht ein wenig jünger als ich - sein Ältester ist im gleichen Alter wie mein Jüngster - hallo, wie geht´s und warum ich erst jetzt erschiene... (die initiale Wurzelbehandlung war im Juni/Juli - und ich sollte eigentlich zwei Wochen später wieder erscheinen).
Er fing nun an, am Zahn herumzuwerkeln, den provisorischen Verschluss zu entfernen, die Kanäle zu säubern, mit Kunststoffstäbern die Tiefen zu lokalisieren und zu röntgen... als er in einer Pause zwischen den Behandlungsschritten meine Schuhe ansprach:
"Was haben sie denn für außergewöhnliche Schuhe an?"
"Och, Stiefeletten."
"Wo kaufen sie denn solche Schuhe? Oder haben sie die online bestellt? Ich meine, welche Größe haben sie denn?"
"Im normalen Schuhladen. Ich hab Glück, mit 42. Diese hier habe ich letztens bei Buffalo gekauft."
"Wie reagieren die Leute denn, wenn sie solche Schuhe kaufen?"
"Ganz normal. Die sind ja froh, wenn sie Schuhe verkaufen. Da kann denen auch egal sein, an wen."
Es folgten noch ein paar Sätze im Austausch und schon ging es weiter am Zahn.
Am Ende der Behandlung frohe Festtagswünsche, und Gruß an die Famile (die auch bei ihm in Behandlung ist).
So stand ich auf und klapperte nach draußen zum Empfang, um mir einen Termin fürs nächste Jahr zu holen.
Während sie noch mit der Rechnung, dem neuen Termin und einem Telefonat zu tun hatte und ich brav wartete, kamen zwischendurch immer wieder Kolleginnen vorbei, die auf meine Schuhe schauten -
mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Erheiterung, aber vielleicht auch Respekt?
Ich verließ den Tempel der kreischenden Bohrer, kreuzte erneute den Hindenburg-Platz mit der Haltestelle, wo gerade ein gutes Dutzend Schüler aus dem Bus ausstieg und hinter mir herlief.
Das Gegacker und Gelache konnte ich jedoch nicht explizit meinen Schuhen zuordnen und es verließ mich ab dem Frauenlob-Gymnasium.
So kehrte ich in Ruhe bei der Kaffee-Manufaktur ein, um noch ein paar Weihnachtsgeschenke für die Verwandtschaft zu erstehen und ging dann weiter unbehelligt und wohlgemuts nach Hause.

Den Rest des Abends verbrachte ich dann doch flacher (zwecks Christbaumkauf, usw.)
Aber hat mir gefallen!

Ich hoffe doch, dass beim nächsten Termin bereits Pumpswetter ist!

Nachdem ich den Tag flach und mit klassischen Herren-Halbschuhen verbracht habe, bin ich vorhin noch einmal zum LIDL gefahren, um noch ein paar Kleinigkeiten einzukaufen.
Dabei lässig Hoody, Softshell, Jeans und meine gut eingelaufenen Ankle Boots...

(Vergleichsfoto 2016)

Und wie ich so durch die Gänge klapperte, mich hier und da im Schaufenster und anderen spiegelnden Flächen sah, dachte ich nur: "WIE GEIL! ich trage hochhackige Schuhe! ich fühle mich sauwohl! bin gut beschuht! kann mich damit elegant, aber kraftvoll bewegen! was will ich mehr?!"

Ich muss eigentlich niemandem mehr etwas beweisen. Es betrifft noch nicht 100% aller Situationen, wo ich völlig sorgenfrei und fast "gedankenlos" hohe Absätze trage.
Da mache ich durchaus noch immer Abstriche, z.B. bei Veranstaltungen meiner Kinder - wenn auch andere Kinder dabei sind (im Gegensatz dazu, erscheine ich auch als Elternsprecher zu den Treffen des Schulelternbeirats mit Heels), eben weil ich eine bfällige Projektion auf meine Kinder (in Form von Mobbing) vermeiden möchte; auch bei wichtigen Geschäftsterminen erscheine ich (nebst Anzug und Krawatte) eher mit flachen Schnürschuhen statt mit Pumps - aber ich hatte bereits die ersten Termine mit Lieferanten, wo ich hochhackig aufgetreten bin. Und auch bei meinen Eltern bin ich noch immer sehr zurückhaltend und begegne ihnen bisher nur mit Flachtretern.

Aber ob ich das auf Dauer so aufrecht erhalte?

Ich fühle mich mit hohen Schuhen einfach wohl. Gut angezogen, elegant - ja auch ein bisschen mehr "sexy"...
Wenn ich so sehe, was andere tragen, dann muss mir das ja auch nicht alles gefallen (und tut es auch nicht). Aber ist deren Ding. Auch die müssen und dürfen sich so wie sie sich kleiden und schmücken, gefallen.

Mir scheint, dass ich durch all die Aktionen (auch und besonders durch dieses Forum und meine Mitstreiter begründet/ verursacht) einfach mehr Mut und Gelassenheit gefunden habe - nicht nur was das Outdoor-Stöckeln angeht.

Alles in allem: eine WIN-WIN-Situation!